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Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petrusbrief 5,5)


21. September 2022

Liebe Leser,

da frage ich einen Bekannten, wie es ihm geht und er antwortet mir kurz: „Gut, alles im Griff!“ Und ich beneide ihn sofort dafür – alles im Griff, darum bemühe ich mich auch, aber oft erfolglos. Heute früh gab es wieder Krach mit den Kindern. Die haben sich nicht an das gehalten, was ich ihnen gesagt hatte. Da hatte ich nichts mehr im Griff, die haben ihr eigenes Ding gemacht und ich hatte den Ärger.

Alles im Griff?

Ich besuche jemanden aus unserer Gemeinde. Die Person plagt sich schon länger mit gesundheitlichen Problemen, mehrere Untersuchungen, Krankenhausaufenthalte haben nicht dazu geführt, daß sie das Problem in den Griff bekam. Immer wieder tritt es auf und wirft ihre Pläne durcheinander.

Alles im Griff?

Der Bau des Eigenheimes ist fertig geplant, die Finanzierung steht, der Kredit ist bewilligt, es kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Da steigen die Preise – Baumaterial wird erheblich teurer, die einzige noch greifbare Baufirma liegt mit ihrem konkreten Angebot weit über den Planungskosten. Der Bauherr verliert das ganze Projekt aus dem Griff und weiß nicht, ob daraus überhaupt noch etwas wird.

Alles im Griff? Eigentlich kann das niemand sicher von sich sagen. Oft kommt es anders, als wir gedacht und durchgeplant haben.

Nicht zuletzt die vergangenen zwei Jahre haben uns schmerzlich gelehrt, wie wenig wir wirklich im Griff haben.

Im Jakobusbrief in der Bibel heißt es (Kapitel 4): Wohlan nun, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen –, und wißt nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Dunst seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet. Dagegen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.

„Wenn der Herr will …“: Das ist das demütige Eingeständnis, daß wir wirklich sehr wenig von unserem Leben und Alltag im Griff haben. Und mit diesen Worten drücken wir Gott gegenüber unser Vertrauen aus, daß er viel mehr für uns im Griff hat. Wir müssen und können nicht alles im Griff haben, aber wir können unsere Angelegenheiten in Gottes Hände geben. Und wenn Dinge anders kommen, als geplant und uns alles aus den Händen gleitet, dann können wir darauf vertrauen, daß Gott unsere Sachen doch fest im Griff hat.

Demut ist, sich selbst loszulassen, nicht mehr alles im Griff haben zu wollen, sich dafür aber Gott anzuvertrauen, daß er es gut macht. Vielleicht hat er mit uns doch etwas viel besseres vor, als wir es denken und schaffen könnten.

Eine Geschichte erzählt: Ein kleines Mädchen wurde aufgefordert, sich aus einer Tüte Bonbons so viele zu nehmen, wie sie mit zwei Händen greifen kann. Da sagte es zu dem, der ihr die Tüte hinhielt: Greif du hinein, du hast größere Hände.

Ich wünsche Ihnen, daß es Ihnen gelingt, Ihre Hände zu öffnen, freizulassen, was Sie meinen, im Griff haben zu müssen, und auf Gottes größere Hände zu vertrauen.

Ihr Pfr. Eckehard Graubner, Falkenstein